Nach mehr als zwei Jahren Pandemie-Surfen, Distancing, Selbsteinschränkung (vulgo »Selbstverantwortung«) hab auch ich COVID bekommen. Wenn ich unterwegs bin, mache ich regelmäßig einen Heimtest, auch an diesem Dienstag, dem Tag meiner Abreise aus Zagreb. Von dort bis zur Türschwelle am Niederrhein war ich rund 22 Stunden unterwegs, in denen sich nach und nach einige Symptome bemerkbar gemacht haben.
Das hier ist ein kurzes Protokoll.

A., S. und J. bringen mich zum Bahnhof. 20 nach 9 steige ich in den Zug, gebucht habe ich eine Kabine für eine Person, einerseits bin ich gern allein und andererseits ein Snob. Passt. Es gibt: ein Bett, ein Waschbecken mit Spiegel, Steckdosen, einen kleinen Schrank mit Türen, ein kleines aber nutzloses Regal mit gläsernen Böden.

Keine Symptome. Gut. Ich packe zuerst eine Flasche Coke Zero aus [50 Lipa Pfand]. I run on coke. Hinsetzen, Fotos machen. Ich bin schließlich Millenial. Der Zug fährt mit Verspätung ab. Mir egal, ich hab keine Termine.

Brežice. Die Grenzpolizei ist aggressiv. Der Grenzer checkt meinen Pass und ist plötzlich weniger energisch. Well, f you. Das ist überall so. Natürlich: weiß, männlich, deutscher Pass. Hat vielleicht ein bisschen Geld. Natürlich. Wichser.

Nächster Halt: Villach. Neue Waggons kommen, orange Männer rangieren uns, alles ist laut und ruckelig. Draußen schüttet es aus Eimern. Ich spüre Schleim im Hals. Ich google, wie sich COVID mit Asthma verträgt. Zum Glück nicht allzu schlecht. Puh. Nach Villach fühlt sich meine Zunge taub an. Schmecken geht noch.

Zwei Uhr dreißig. Ich muss Pissen. Fuck. Die Kabine ist nicht abschließbar. Was jetzt? Raus. Schnell. Niemand auf dem Gang.

Ich komme zurück, alles da. Ich setze mich, ärgere mich, dass in mir die gleichen beschissenen Vorurteile sitzen, wie im Zöllner. Drinnen Ekel, Draußen Gewitter.

Drei Uhr. Ich öffne das abgepackte Schokocroissant, das mein Frühstück sein sollte. Während ich kaue, antizipiere ich die hungrige Reue am Morgen. Die Nougatfüllung im Inneren der fluffigen Pappe kann ich noch schmecken. Dazu Sodbrennen. Softdrinks sind einfach nicht gut für mich. Noch einen Schluck.

Vier Uhr. VW hat mal einen Spot gemacht, mit der Line »Blau beruhigt«. Mich nicht. Mich freakt es aus, das blaue Nachtlicht in der Kabine lässt mich einfach nicht schlafen. Auf der Karte sehe ich, dass wir inzwischen südlich von Bad Gastein sind. Hier müssen Berge sein. Vom Licht der Blitze wird ab und an ein Tal beleuchtet. Ich döse.

Salzburg. Wieder rangieren, wieder Regen, wieder Bullen, diesmal Deutsche. Besonders aggressiv, ah, deutscher Pass, wieder scheißfreundlich. Ja, danke.

Ich kann nicht mehr schlafen, packe meinen Kram zusammen. Es ist irgendwas mit fünf Uhr. Noch mal vier Stunden durch Bayern. Uff.


An der Stelle bin ich dann doch noch eingeschlafen und in München Ost aufgewacht. Der Rest der Reise war nicht übermäßig beschwerlich: Klimaanlagen haben weitgehend funktioniert, Anschlussverbindungen wurden bekommen und das Ziel wurde erreicht.

Natürlich ist es mir unangenehm, wissentlich COVID-positiv mit öffentlichem Verkehr gereist zu sein, aber das ist halt das Los, wenn man sich zum Reisen nicht an ein Auto binden will (oder kann).

Ich harre jetzt weiter meiner Genesung.

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